Bisher ist eine solche Tot-Kapitalisierung ohne Beispiel in der Geschichte des Viel-Geldes. Und sie können sagen was Sie wollen, es tut unheimlich gut, wenn man als Normalbürger feststellen darf, dass man mit Geld doch nicht alles kaufen kann.
Nie zuvor haben Konzerne wie Fernsehanstalten derart viel Geld fehlinvestiert, buchstäblich in den (Wüsten)Sand gesetzt. Und geradezu herzig, wie der Obermauschler und aktuelle FIFA-Präsident am Vortag der WM eine Brandrede gegen Europa hält und dabei den nicht unerheblichen Zeitraum von 3000 Jahren bemüht. Ein dämlicher Versuch, ein Eingeständnis des Scheiterns, Ohnmacht an der eigenen Entscheidung.
Aber, die Schuld allein auf die Energie-Milliardäre aus Katar zu schieben, wäre wesentlich zu kurz gesprungen. Weltweit haben die Verbände versagt, hauptsächlich weil ihre Präsidenten abgeschmiert waren und auch Figuren wie ein K-H Rummenigge haben verachtungswürdige Spuren hinterlassen. Rummenigge ist schwer reich und läßt sich doch auf derart fragwürdige Mauscheleien und Unterstützungen ein. Sein Nachfolger im Amt des Vorstandsvorsitzenden bei FC Bayern, Oliver Kahn, wird noch seine helle Freude haben an der Diskussion um ein Sponsoring durch Katar Airways. Die Fans haben unmissverständlich gesagt, was sie davon halten.
Die Rechnung unter dem Motto: „Augen zu und durch“ hat nicht funktioniert und zu einem nie dagewesenen Scheinheiligkeitsverhalten geführt. ARD und ZDF zahlen 214 Millionen für die Übertragungsrechte an die FIFA, die sie zu einem hohen Maße über Werbegelder refinanzieren. Die sich abzeichnenden Zuschauerzahlen sind für Sender und Werbetreibende gleichermaßen ein Desaster. Gut so! Jetzt sendet man täglich Features, wie schrecklich in Katar alles ist für Frauen, Schwule und Arbeiter… Doppelmoral in medialer Reinkultur.
Im Advent trinkt man Glühwein und bastelt Geschenke und spielt nicht Fußball in klimatisierten Stadien, die man auf Leichenbergen von Fremdarbeitern errichtet hat.
Die Vergabe war im Jahre 2010, also gab es 12 Jahre Zeit, die Geschichte abzublasen. Hat man aber nicht. Aber plötzlich entdeckt man die schlimme Lage der Frauen und Schwulen in dem Wüstenstaat, der dieses ganze Theater nur veranstaltet, weil er Angst hat, von Saudi Arabien vereinnahmt zu werden. Die Kataries denken, wenn wir so toll sind, dass wir eine WM im Fußball hosten dürfen, dann sind wir in Zukunft unangreifbar. Fakt ist, dass eine Übernahme von Katar die Saudis einen lockeren Nachmittag kosten würde, mehr nicht.
Kein Spieler, kein Verband, kein Trainer hatte den Mut, zu sagen: Ohne mich! Umso erfreulicher, dass es nun Millionen von (ehemaligen) Fußballfans gibt, die der ganzen Show die kalte Schulter zeigen. Adidas wird auf hunterttausenden von Nationalmannschaftstrikots sitzen bleiben, die Devotionalienindustrie fährt die Pleite des Jahrhunderts ein, die Fernseh-Zuschauerzahlen werden eine klare Sprache sprechen und die geliebten öffentlichen „Viewings“ finden bei Minusgraden auch nicht satt, ebensowenig macht der Kneipier Umsatz mit Bier oder Würstchen. Eben weil Advent ist, nicht Sommermärchen.
Ein geradezu mutmachendens Ereignis, diese gemeinsame Haltung, dieses Sich-Nicht-Verarschen-Lassen von schamlosen Verbandsvorsitzenden und milliardenschweren Scheichs. Man kann sich vorstellen, dass diese Grundhaltung des wachen Bürgers, der endlich erkannt hat, dass hier Grenzen überschritten wurden, transponiert wird auf andere Felder des öffentlichen Interesses und eben dieser Bürger sich auch in anderen Bereichen versagt und sich nicht mehr so leicht das Geld aus der Tasche ziehen läßt wie bisher bei vergleichbaren Anlässen.
Sollte dem so sein, so hätte man mit der WM in Katar unbeabsichtigt der guten Sache, dem Zurück-Zur-Normalität, einen erfreulichen Dienst erwiesen. Die FIFA war unter dem Präsidenten Josef Blatter ein korrupter Sauhaufen und ist heute unter Herrn Infantino keinen Deut besser. Die Quittung wird den Herrn dieser Tage ausgestellt.
Wenn man das – wie beim Fußball – doch auf den Krieg übertragen könnte: … keiner geht hin!
Ihr ehemaliger Fußballfan
Gehhobmidochgern
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